Gedanken zur und Erfahrungen mit der Elektromobilität

Die Elektromobilität ist nicht neu. Bereits im Jahr 1900 gab es in den USA mehr Elektrofahrzeuge als Fahrzeuge die von Benzinmotoren angetrieben wurden, was auf die zeitliche Entwicklung beider Antriebstechniken zurückgeführt werden kann; im Jahr 1834 stellte Jacobi in Potsdam den ersten praxistauglichen Elektromotor vor und erst im Jahr 1864 eröffnete Nicolaus August Otto seine erste Motorenfabrik. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden insbesondere in Berlin von der AEG und der neuen Automobilgesellschaft, kurz NAG, elektrisch betriebene PKW, Taxi, Busse und LKW hergestellt und auch in großer Zahl exportiert. Aber etwa ab 1910 setzten sich Fahrzeuge mit Benzinantrieb aufgrund der höheren Reichweite und der höheren Motorkraft durch. Die Bevölkerung hatte sich an die Geräusche und den Gestank gewöhnt; die Elektromobilität geriet zunächst in Vergessenheit.

Der zunehmende Straßenverkehr in den Innenstädten belastet durch Schadstoffe und Lärmemission zunehmend die dort lebende Bevölkerung. In der Regierungserklärung 2012 definierte die Koalition das Ziel, zur Abhilfe im Jahr 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen rollen zu sehen. Dieses Ziel wurde im Jahr 2016 von der amtierenden Bundeskanzlerin aufgehoben, da erkannt wurde, dass es mit den vorhandenen Mitteln nicht erreichbar war.

Im Jahr 2015 entstand mein persönliches Interesse an der Elektromobilität. Somit fuhren wir verschiedene Fahrzeugmodelle zur Probe, konnten uns aber aufgrund des hohen Preises nicht zu einem tatsächlichen Kauf entschließen. Anlässlich der Kaufprämie in Höhe von 4.000,00 Euro pro Elektro-PKW, entschloss ich mich dann im Jahr 2016 zum Kauf eines rein elektrisch angetriebenen BMW I3. Trotz des schrecklichen Verkaufserlebnisses in der Berliner Niederlassung des bayrischen Automobilherstellers, habe ich bislang noch immer viel Freude an diesem Fahrzeug.

Seit nunmehr 1 ½ Jahren bewege ich mich mit diesem Fahrzeug durch den Berliner Stadtverkehr und musste feststellen, dass Elektrofahrzeuge in Berlin offensichtlich nicht erwünscht sind. Glücklicherweise verfüge ich an meinem Wohnort über eine eigene Lademöglichkeit für dieses Fahrzeug, so dass ich auf die wenigen öffentlichen Ladestationen für Elektrofahrzeuge nicht angewiesen bin. Es soll im Berliner Bezirk Spandau, Stand April 2018, angeblich nur 14 öffentliche Ladestationen für Elektrofahrzeuge geben. Der in einer Mietwohnung lebende Normalbürger – in der Mieterstadt Berlin – hat kaum eine Chance sein Fahrzeug aufzuladen, wenn er sich für den Kauf eines Elektrofahrzeuges entschließt. Auch sonst bestehen keinerlei Vorteile für Elektro-Pkw im Berliner Raum. Es ist nicht gestattet mit Elektrofahrzeugen die Busspur zu benutzen. Elektrofahrzeuge müssen – ebenso wie Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor – an gebührenpflichtigen Parkplätzen ihren Obolus entrichten und auch sonst sind mir keinerlei Vorteile für Fahrer von Elektrofahrzeugen bekannt.

Aufgrund von zu hoher Stickstoff- und Feinstaubbelastung in der Berliner Innenstadt wurde im März 2018 für die Leipziger Straße ein Tempolimit von 30 km/h eingeführt. Auf meine Nachfrage bei der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, ob dieses Tempolimit auch für Elektrofahrzeuge gelte, da sie ja weder Schadstoffe noch Feinstaub emittieren, wurde mir beschieden, dass dieses selbstverständlich auch für Elektrofahrzeuge gilt. Also auch hier keinerlei Vorteile für elektrisch betriebene Pkw im Berliner Raum. Gleiches gilt für die nächtliche Geschwindigkeitsreduzierung auf Berliner Durchgangsstraßen zur Lärmreduktion. Elektrofahrzeuge emittieren bekannter Maßen deutlich weniger Lärm als mit Verbrennungsmotoren angetriebene Fahrzeuge, dennoch gilt dieses Tempolimit auch für Elektrofahrzeuge. Auch hier keinerlei Vorteile für Elektrofahrzeuge.

Obwohl das von mir gefahrene Elektrofahrzeug sehr zuverlässig ist, kaum Wartung benötigt und sehr geringe Energiekosten (3,00 € bis 4,50 € je 100 km) verursacht, komme ich zu dem Schluss, dass die Nutzung von Elektrofahrzeugen im Berliner Raum für den Eigner des Fahrzeugs keinerlei Vorteile bietet. Unter Berücksichtigung des desolaten Zustandes der Berliner Straßen und der staubedingt langen Fahrzeiten werde ich beim nächsten Fahrzeugwechsel wieder ein hubraumstarkes SUV in Betracht ziehen.

Als Fazit kann ich nur feststellen, dass es wirklich Spaß macht mit einem Elektromobil unterwegs zu sein, aber die Berliner Regierung offensichtlich nicht daran interessiert ist mehr Elektrofahrzeuge auf die Straßen zu bekommen, ansonsten würde sie den Elektrofahrzeugen mehr Vorteile einräumen und für eine ausreichende Zahl öffentlicher Ladestationen sorgen.

elektrofahrzeug

Erst wenn die Ladeinfrastruktur ein akzeptables Ausmaß erreicht hat, kann ich Interessierten den Kauf eines Elektrofahrzeugs für die Nutzung im Berliner Raum empfehlen. Bis dahin müssten zumindest andere Vorteile, wie die Nutzung der Busspuren, kostenfreies Parken und Ausnahme von lärm- und schadstoffbedingter Tempolimits den hohen Kaufpreis und die bislang unzureichende Ladeinfrastruktur kompensieren.

Eine ausreichende Ladeinfrastruktur wird sich in einem kurzen bis mittleren Zeitraum nicht verwirklichen lassen. Die Kapazität des vorhandenen Stromnetzes kann die temporär notwendige Leistung gar nicht bereitstellen. Man denke sich nur, dass in einem Stadtviertel zur Feierabendzeit mehrere hundert Fahrzeuge gleichzeitig geladen werden. Hier kann nur ein smartes, verstärktes Stromnetz – bei dem sich die Stromentnahme nach Angebot und Nachfrage richtet, mit einem variablen Strompreis – Abhilfe schaffen. Die technischen Voraussetzen sind vorhaben, wurden aber noch nicht umgesetzt. In Ostfildern südlich von Stuttgart startete die ENBW im Mai 2018 einen Versuch, zu der Frage: Was passiert, wenn alle nach Feierabend ihr Auto ans Netz hängen und den Akku aufladen.

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